Abwarten und Tee trinken: Oder doch gleich sanieren?
08.10.2025 Lesedauer: min Eileen Menz
Das eigene Haus zukunftsfähig zu machen, ohne dabei in Unkosten zu stürzen – vor dieser Aufgabe stehen viele Menschen aktuell. Leider gibt es keine universelle Formel dafür. Stattdessen muss jedes Haus einzeln betrachtet und eine individuelle Lösung erarbeitet werden. Welche konkreten (Heiz-)Optionen Hauseigentümer*innen mit Blick auf die kommunale Wärmeplanung haben, das verrät Eileen Menz, Energieberaterin aus Neuruppin.
Welche Schritte unternehme ich für mein (denkmalgeschütztes) Haus? Soll ich auf die Wärmeplanung warten, die je nach Größe der Stadt ab 2026 oder 2028 vorliegen muss? Und was ist, wenn meine bestehende Heizung schnell ersetzt werden muss? Das sind die häufigsten Fragen, mit denen ich in meinem Alltag konfrontiert werde. Bevor ich darauf eingehen kann, stelle ich sicher, dass mein Gegenüber die Faktenlage kennt.
Die Fakten:
Je nach Größe der Stadt muss bis 2026 (> 100.000 Einwohner*innen) bzw. 2028 (< 100.000 Einwohner*innen) eine kommunale Wärmeplanung erstellt werden. Anhand der Ergebnisse dieser Wärmeplanung lässt sich unter anderem erkennen, ob und wo es sich lohnt, Wärmenetze zu errichten oder ob es aufgrund geringerer Gebäudedichte bei dezentralen Heizsystemen bleiben muss.
Ein Fernwärmenetz ist verständlicherweise nicht sofort verfügbar, sondern bedarf einiger Zeit (5–10 Jahre) von der Planung bis zur Fertigstellung. Eine Fernwärmeversorgung dürfte in Gebieten mit mehrgeschossiger Reihenbebauung (mehr als drei Vollgeschosse, je nach erwartbarem Sanierungsstand) innerhalb von Stadtkernen wahrscheinlich sein. In Gebieten mit überwiegend Einfamilienhäusern ist davon auszugehen, dass dezentrale Heizsysteme weiterhin genutzt werden.
Selbst Nahwärmelösungen, die einen geschlossenen Gebäudekomplex versorgen, sind unter Umständen schwierig zu realisieren, wenn die Vorstellungen der einzelnen Eigentümer*innen stark voneinander abweichen. Selbst bei Reihenhausanlagen kann dies schon ein Ausschlusskriterium für eine zentrale Versorgung sein.
Wichtig: Bis die Wärmeplanung vorliegt, darf noch eine fossile Heizung eingebaut werden. Für Gas-Etagenheizungen gelten jedoch Ausnahmebestimmungen. Die Bestimmungen können Sie auf der Seite www.energiewechsel.de nachlesen.
Anforderungen für Hybridanlagen
Nach dem Vorliegen der kommunalen Wärmeplanung müssen mindestens 65 Prozent der Wärme erneuerbar erzeugt werden. Fossile Unterstützungen in Form von Gas-Hybridheizungen (GEG § 71h) sind jedoch zulässig.
Der Anteil von 65 Prozent
- kann entweder durch eine Energieberaterin bzw. einen Energieberater auf Basis einer Berechnung nach DIN V 18599 nachgewiesen werden oder
- gilt gemäß GEG § 71h für Wärmepumpen-Hybridanlagen als erfüllt, sofern bei bivalentem (Teil-)Parallelbetrieb 30 Prozent der Gebäudeheizlast durch die Wärmepumpe abgedeckt werden.
- Für geförderte Heizungen nach BEG gilt bereits ein Erneuerbare-Energien-Anteil von mindestens 65 Prozent als Nachweis, entweder gemäß DIN V 18599 oder gemäß den Vereinfachungen nach § 71h für Wärmepumpen-Hybridheizungen.
Für Solarthermieanlagen gilt gemäß § 71h GEG für Hybridanlagen bei Einfamilienhäusern eine Mindestkollektorfläche von 7 Prozent der Bezugsfläche. Ab drei Wohneinheiten (WE) sind 6 Prozent der Bezugsfläche nach GEG als Mindestkollektorfläche zu errichten. Für Vakuumröhrenkollektoren gelten 80 Prozent der Fläche gegenüber Flachkollektoren. Achtung: Kollektorflächen von 7 bzw. 6 Prozent der Bezugsfläche sind für Ein- und Zweifamilienhäuser sehr groß und führen im Sommer zu einem Anlagenstillstand. Wer eine solche Anlage plant, um die 65-Prozent-Voraussetzung zu erfüllen, muss sich dessen bewusst sein.
Eine besondere Herausforderung bei Wärmepumpensystemen ist die Warmwasserbereitung, da hierfür höhere Temperaturen erforderlich sind. Zwar sollten für die meisten Anwendungen 45 °C Wassertemperatur ausreichen, für Mehrfamilienhäuser und zentrale Großanlagen ist jedoch gemäß DVGW-Arbeitsblatt 550 eine höhere Temperatur an der letzten Warmwasserentnahmestelle gefordert. Mittels sogenannter Frischwasserstationen wird das Warmwasser ähnlich wie bei einem Durchlauferhitzer nur dann erwärmt, wenn Warmwasser entnommen wird. Die Frischwasserstationen werden über den Heizungsvorlauf versorgt. Es gibt optimierte Frischwasserstationen mit vergrößerten Wärmeübertragern, die auch mit 60 °C oder sogar nur 55 °C Vorlauftemperatur auskommen. Warmwasser kann auch elektrisch erzeugt werden, sofern dies nicht ohnehin im Bestand der Fall ist.
Fördermittel teilweise nicht kostendeckend
Derzeit betragen die maximal anrechenbaren Investitionskosten für eine neue Heizung in einem Einfamilienhaus 30.000 Euro. Bei zwei bis sechs Wohneinheiten erhöht sich die anrechenbare Investitionssumme um 15.000 Euro je Wohneinheit. Wenn allerdings neben der Heizungsanlage selbst auch die Rohrleitungen aufgrund des Baualters erneuert werden müssen, reichen die maximal anrechenbaren Kosten unter Umständen nur für den Wärmeerzeuger.
Was bedeutet das jetzt konkret?
Die bisher genannten Beispiele spiegeln nur einen Bruchteil des tatsächlichen Arbeitsumfangs wider. Sie zeigen jedoch deutlich, wie komplex es ist, ein Haus energetisch zu ertüchtigen. Für alle, die sich bereits jetzt gedanklich mit dem Thema auseinandersetzen möchten, sind folgende Informationen sicherlich hilfreich:
- Bis zum Vorliegen der Wärmeplanung dürfen noch fossile Heizungen eingebaut werden.
- Für die Heizungsoptimierung könnte mit einer geförderten Wärmepumpe schon eine erneuerbare Heizung zumindest als Hybridheizung eingebaut werden. Allerdings muss dafür ein Anteil von 65 % erneuerbare Energien erreicht werden.
- Es ist nicht davon auszugehen, dass Wärmenetze, wie sie in Dänemark üblich sind, in jedem Ort errichtet werden. Selbst wenn sich im Rahmen der Wärmeplanung herausstellt, dass eine Fernwärmeversorgung sinnvoll ist, wird es wohl 5 bis 10 Jahre dauern, bis diese tatsächlich realisiert ist.
- In der Zeit steigen die CO2-Kosten weiter. Insofern sollte jede Eigenheimbesitzerin, jeder Eigenheimbesitzer – auch für das Baudenkmal – überlegen, wie er/sie den Energiebedarf des Gebäudes in Vorbereitung auf eine erneuerbare Wärmeversorgung senken kann. Dies geschieht vorzugsweise zunächst durch eine zeitnahe Dämmung des Gebäudes.
- Bei Baudenkmal kommt in der Regel die Innendämmung infrage. Eine Innendämmung ist selbst bei einer Dämmdicke von nur 6–8 cm sehr effektiv. Einerseits steigt dadurch die Oberflächentemperatur deutlich an, wodurch sich die Schimmelgefahr reduziert. Andererseits sinkt der Energiebedarf des Gebäudes deutlich. Insgesamt lässt sich somit ein Standard erreichen, der dem Stand des Baujahres 1995 (3. WSchVO) entspricht. Vereinfacht gesagt: Ein mitteldicker Pullover hält im Zweifel wärmer als gar kein Pullover. Ein dicker Mantel sollte dort umgesetzt werden, wo er wie beim Dach oder ggf. auch bei Fußbodenneuaufbauten, möglich ist.
- Aufgrund der gestiegenen Sanierungskosten ist die kurzfristige Wirtschaftlichkeit energetischer Sanierungsmaßnahmen oft schwierig. Deshalb sollten energetische Sanierungsmaßnahmen im Rahmen der ohnehin vorgesehenen Instandhaltung umgesetzt werden. Was sich auf jeden Fall erhöht, ist der Wohnkomfort, da die Oberflächentemperaturen steigen.
Empfehlung für Eigentümer*innen
- Kurzfristig:
- Bei akutem Heizungsausfall kann noch fossile Heizung eingebaut werden, muss aber begründet werden.
- Erstellung eines individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP) oder Energieberatung über Verbraucherzentrale als kostenfreie Erstberatung
- Mittelfristig:
- Sinnvoll: Hybridlösung mit kleiner Wärmepumpe + PV, um 65 % EE zu erreichen.
- Schrittweise energetische Ertüchtigung (Dach, Boden, Innendämmung, Heizkörpertausch).
- Langfristig:
- Vorbereitung auf Wärmepumpen- oder Fernwärmeanbindung.
- Dämmmaßnahmen vorrangig, um Heizlast abzusenken.