Kommunale Wärmeplanung leicht erklärt
Die kommunale Wärmeplanung ist ein wichtiger Baustein der Wärmewende. Sie soll für Planungssicherheit sorgen und Deutschland auf den Kurs der Klimaneutralität bringen. Erfahren Sie im Folgenden, wie die Wärmeplanung konkret umgesetzt werden soll.
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Die wichtigsten Fakten auf einen Blick
- Kommunale Wärmeplanung eine Schlüsselrolle fürs Erreichen der Wärmewende
- Aufbau und Ablauf im Wärmeplanungsgesetz vorgegeben
- Pflicht zur Wärmeplanung nicht in allen Bundesländern
- In einigen europäischen Ländern bereits gängige Praxis
Was ist die kommunale Wärmeplanung?
Die kommunale Wärmeplanung spielt eine Schlüsselrolle dabei, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral wird. Denn die Wärmeversorgung, sprich Heizen und Warmwasser, macht mehr als 50 Prozent des gesamten Endenergieverbrauchs aus und verursacht einen Großteil des CO2-Ausstoßes in Deutschland.
Eine zentrale Planung durch den Bund ist angesichts der 11.000 unterschiedlichen Kommunen nicht umsetzbar. Eine Wärmeplanung auf kommunaler Ebene hingegen ist der effektivere Weg zur Klimaneutralität. Eine direkte Übertragung von Aufgaben durch den Bund an die Kommunen ist zudem verfassungsrechtlich nicht möglich.
Sinn und Zweck einer kommunalen Wärmeplanung
Ziel einer kommunalen Wärmeplanung ist, die nachhaltigste und kosteneffizienteste Wärmeversorgung auf lokaler Ebene zu ermitteln und zu gestalten. Indem sie eine strategische Ausrichtung und Planung der Wärmeversorgung ermöglicht, unterstützt sie Kommunen dabei, langfristige Energie- und Klimaziele zu erreichen und die Energiewende vor Ort umzusetzen – mithilfe von Abwärme, erneuerbaren Energien und auch Wasserstoff.
Welches Heizsystem passt zu Altbauten wie diesen? Eine Wärmeplanung kann Antwort auf diese Frage liefern.
(c) Jonas Denil / UnsplashDie Entwicklung einer kommunalen Wärmeplanung
Eine kommunale Wärmeplanung ist nach bestimmten Vorgaben zu erstellen. Die Struktur ist im Wärmeplanungsgesetz (WPG) vorgeben. Das WPG bildet zugleich die rechtliche Grundlage für die verbindliche und systematische Einführung einer Wärmeplanung in ganz Deutschland. Der Ablauf einer Wärmeplanung kann so zusammengefasst werden:
1. Eignungs- und Bestandsanalyse (WPG § 14, 15)
Als Grundlage einer kommunalen Wärmeplanung werden folgende Punkte ermittelt:
- die Eignung des Gebiets zur Versorgung über ein Wärmenetz
- der aktuelle Bedarf oder Verbrauch von Wärme im geplanten Gebiet und die dabei verwendeten Energiequellen
- die bereits vorhandenen Einrichtungen zur Wärmeerzeugung
- die Infrastruktur, die für die Versorgung mit Wärme wichtig ist, also beispielsweise Leitungen und Verteilernetze
2. Potenzialanalyse (WPG § 16)
Anschließend wird untersucht, welche Quellen erneuerbarer Energien und Abwärme für die Wärmeversorgung in Zukunft genutzt werden können. Dazu gehören beispielsweise:
- Abwärme aus lokalen Rechenzentren
- Wärme aus Abwasser, Sonnenenergie, Erdwärme und Biomasse
- Wärme aus grünem Wasserstoff und anderen Quellen
3. Zielszenario (WPG § 17, 18, 19)
Die Beschreibung eines Zielszenarios für ein vorher definiertes Zieljahr ist ein wesentlicher Teil bei der Entwicklung eines kommunalen Wärmeplans. Dabei wird das beplante Gebiet noch einmal unterteilt in sinnvolle Wärmeversorgungsgebiete. Die Kommune stellt außerdem auf Grundlage der bisherigen Analysen mögliche Wärmeversorgungsarten für das Zieljahr dar. Die Versorgungsarten können mit Eignungsstufen versehen werden.
Die Wärmeversorgungsart ist für dieses Gebiet im Zieljahr
- sehr wahrscheinlich geeignet;
- wahrscheinlich geeignet;
- wahrscheinlich ungeeignet;
- sehr wahrscheinlich ungeeignet.
4. Strategien & und Umsetzungsmaßnahmen (WPG § 20)
Abschließend geht es darum, Umsetzungsstrategien mit konkreten Maßnahmen zu entwickeln, mit denen das Zielszenario bis zum Zieljahr erreicht werden kann. Wie die vier Schritte aussehen kann, veranschaulicht das nachfolgende Bild.
Beispiele für erfolgreiche kommunale Wärmeplanung
Schon bevor das Wärmeplanungsgesetz (WPG) Ende 2023 in Kraft getreten ist, haben sich bereits mehrere Kommunen mit dem Thema befasst und „ihre Wärmeplanung“ erstellt. Von Süden nach Norden, von Stadt zum Landkreis – überall im Land gibt es Pioniere:
- Die Stadt Recklinghausen in NRW hat bereits 2013 ein „Integriertes Wärmenutzungskonzept“ erstellt.
- Die Stadt Konstanz hat ihren 2018 fertiggestellten Energienutzungsplan 2023 unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben aktualisiert.
- Ebenfalls zu den Vorreitern gehören die Verbandsgemeinde Birkenfeld sowie der Landkreis Berchtesgadener Land.
Einen Überblick, wie Bundesländer und Kommunen die Wärmeplanung bisher umgesetzt haben, finden Sie weiter unten.
Eine Umfrage des Städtetages von 2023 ergab, dass die Mehrzahl der Kommunen hierzulande bereits an einer Wärmeplanung arbeitet.
Für wen ist die kommunale Wärmeplanung Pflicht?
Das Wärmeplanungsgesetz sieht verschiedene Stichtage für die Umsetzung der Wärmeplanung vor. Kommunen beziehungsweise Städte mit mehr als 100.000 Einwohner*innen müssen bis zum 30. Juni 2026 eine kommunale Wärmeplanung vorlegen. Für Ortschaften mit weniger als 100.000 Einwohner*innen ist der 30. Juni 2028 der festgelegte Stichtag.
Städte und Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohner*innen
Laut Bundesamt für Statistik gibt es in Deutschland etwa 80 Großstädte. Sie alle müssen spätestens bis zum Ablauf des 30. Juni 2026 eine Wärmeplanung vorlegen. Ausschlaggebend für die Zählung ist der 1. Januar 2024.
Kommunen mit weniger als 100.000 Einwohner*innen
Die deutlich zahlreicheren Ortschaften mit weniger als 100.000 Einwohner*innen haben zwei Jahre mehr Zeit für die Erstellung einer Wärmeplanung, also bis 30. Juni 2028. Für ganz kleine Gemeinden sieht der Paragrafen 22 des Wärmeplanungsgesetzes ein vereinfachtes Verfahren mit reduzierten Anforderungen vor. Außerdem können sie sich zusammenschließen und einen „gemeinsamen“ Wärmeplan erstellen.
Bedeutung der Wärmeplanung für Bürger*innen
Die Wärmeplanung berührt die Bürger*innen nicht unmittelbar. Es ist aber wünschenswert, wenn möglichst viele Menschen sich freiwillig am Prozess der Wärmeplanung beteiligen. Am Ende des Prozesses werden Grundstückseigentümer*innen eine klarere Vorstellung davon haben, welche Wärmeversorgungsoptionen ihnen wahrscheinlich zur Verfügung stehen. Dadurch können sie gezielter entscheiden, welche Investitionen in die Energieversorgung zu welchem Zeitpunkt für sie am wirtschaftlichsten sind.
Kommunale Wärmeplanung und das Gebäudeenergiegesetz
Die Kommunale Wärmeplanung beziehungsweise das Wärmeplanungsgesetz ist eng verzahnt mit dem Gebäudeenergiegesetz GEG. Denn der Anschluss an ein Wärmenetz (nah- und fern) bedeutet für Hauseigentümer*innen und Unternehmen, dass sie die 65-Prozent-Vorgabe für Erneuere Energie erfüllen.
Was das GEG sonst noch beinhaltet, fasst unser Kollege Alexander Steinfeldt im Video zusammen.
Bisherige Umsetzung der Wärmeplanung in Deutschland
Deutschland ist in Sachen Wärmeplanung bisher noch ein Flickenteppich. Während es in einigen Bundesländern eine verpflichtende Wärmeplanung gibt, werden Wärmekataster und Wärmeplanung woanders nur in Klimaschutzgesetzen „erwähnt“. Auf kommunaler Ebene gibt es mit Wärmekonzepten oder Energienutzungsplänen ebenfalls unterschiedliche Ansätze. Das Wärmeplanungsgesetz (WPG) ist 2023 in Kraft getreten, auch um eine Vereinheitlichung zu bewirken.
Bundesländer mit verpflichtender Wärmeplanung
In Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein gibt es bereits eine Pflicht zur kommunalen Wärmeplanung.
- In Baden-Württemberg ist die Erstellung einer Wärmeplanung im „Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg“ verankert. Im Energieatlas finden Interessierte Informationen rund um das Thema Erneuere Energien in Baden-Württemberg.
- Die Stadt Hamburg hat das entsprechende Klimaschutzgesetz – HmbKliSchG –Anfang 2020 erlassen. Online finden Interessierte einen detaillierten Wärmekataster.
- Auch in Hessen sind Gemeinden dazu verpflichtet, eine kommunale Wärmeplanung zu entwickeln. Basis dafür bildet das Hessische Energiegesetz (HEG). Für Bürger*innen und Unternehmen gibt es einen Wärmeatlas und einen Solarkataster.
- Das Niedersächsische Klimagesetz bildet die Grundlage für die Klimawende vor Ort. Mit dem Energieatlas bietet das Land den Bürger*innen und Unternehmen die Möglichkeit, sich ausführlich zu informieren.
- In Schleswig-Holstein ist die Aufstellung einer kommunalen Wärmeplanung ebenfalls im „Energiewende- und Klimaschutzgesetz Schleswig-Holstein – EWKG“ verankert. Der dazugehörige Atlas bietet Bürger*innen und Unternehmen einen ersten Überblick zur Wärmeplanung.
Bundesländer auf dem Weg zur Wärmeplanung
- In Berlin sind die Wärmeversorger verpflichtet, Wärmekataster und Pläne zur Dekarbonisierung vorzulegen. Die rechtliche Grundlage dafür bildet das „Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz - EWG Bln“ vom 2016. Unter https://energieatlas.berlin.de/ finden Bürger*innen und Unternehmen erste Anhaltspunkte.
- In Nordrhein-Westfalen gibt es aktuell keine Pflicht zur kommunalen Wärmepumpe. Die Rechtsgrundlage dafür wird aber (laut Koalitionsvertrag) derzeit arbeitet. Einen Energieatlas gibt es aber bereits jetzt.
Eine gemeinsame Energymap für Berlin
Um bis 2045 klimaneutral zu werden, müssen Kommunen in Deutschland bis 2028 einen Plan haben, wie Gebäude klimaneutral und sicher beheizt werden können. EnergyMap zeigt am Beispiel Berlins, wie das gehen kann: mit einer Karte, die den energetischen Zustand aller Häuser zeigt. So können sich Stadtplaner*innen und Energieversorger ein gutes Bild vom Ist-Zustand machen.
Bundesländer ohne Wärmeplanung
Bayern, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen. Diese neun Bundesländer haben noch keine verpflichtende Wärmeplanung eingeführt. Bürger*innen und Unternehmen können sich in vielen Fällen aber schon jetzt in den jeweiligen Wärmekatastern und Atlanten informieren. Eine Übersicht über den aktuellen Stand liefert die digitale Plattform des Kompetenzzentrums Kommunale Wärmewende (KWW).
Bisherige Wärmeplanung in den Kommunen selbst
Nicht nur auf Bundesebene geht es mit der Wärmewende langsam voran. Auch, und vor allem in den Kommunen selbst gibt es etliche Vorzeigeprojekte. Zwar haben sie unterschiedliche Namen wie Masterplan, Energie- und Wärmekonzept und Energienutzungsplan. Sie alle eint jedoch ein Ziel: die Wärmewende vor Ort voranzutreiben. Wie eine kommunale Wärmeplanung in der Praxis umgesetzt werden kann, zeigen folgende Beispiele:
- Verbandsgemeinde Birkenfeld: Abschlussbericht Masterplan 100% Klimaschutz; 2017
- Energieleitplan Bruchsal: Zusammenfassende Dokumentation, 2019
- Giengen an der Brenz: Endbericht Kommunale Wärmeplanung. 2023
- Stadt Kirchheim unter Teck: Aktuelles zur Kommunale Wärmeplanung
- Stadt Minden: Strategisches Energie- und Wärmekonzept "Minden 2040"; 2019
- Gemeinde Obersontheim: Abschlussbericht Kommunale Wärmeplanung, 2023
- Stadt Schorndorf: Fachgutachten Kommunale Wärmeplanung, 2023
Wärmeplanung auf europäischer Ebene
Die kommunale Wärmeplanung ist sicherlich eine Mammutaufgabe, aber sie ist definitiv nicht unlösbar. Das zeigt ein Blick ins europäische Ausland.
Niederlande und Wärmeplanung
Alle Kommunen in den Niederlanden müssen seit 2021 über Heizpläne verfügen. Das Land bietet ein positives Beispiel dafür, wie die Einführung einer verbindlichen Heiz- und Kühlplanung für Kommunen umgesetzt werden könnte.
Dänemark und Wärmeplanung
Dänische Kommunen müssen seit 1979 eine Wärmeplanung durchführen. Sie erhalten umfassende technische Unterstützung, insbesondere von der dänischen Energieagentur, in Form von Richtlinien, Schulungen und erleichtertem Zugang zu Daten.
Belgien und Wärmeplanung
In Belgien wird ein gesetzlicher Rahmen für die Ausarbeitung lokaler Wärme- und Kühlungspläne durch Kommunen entwickelt. Für die Umsetzung sind auch hier die Regionen verantwortlich.
Frankreich und Wärmeplanung
Die Wärme- und Kälteplanung ist für die französischen Kommunen nicht verpflichtend, Energie- und Klimapläne sind jedoch für „Übergemeinden“ mit mehr als 20.000 Einwohner*innen verpflichtend.
Wo steht Europa in Sachen Wärmewende? Einen guten Überblick bietet die Community energy cities (verfügbar auf Englisch oder Französisch).