Die Bedeutung der Energieeffizienz von Gebäuden für den Klimaschutz

Die Energiewende muss im Sinne des Klimaschutzes den Gebäude- und Wärmebereich stärker in den Blick nehmen, fordert Andreas Kühl. Der energynet-Blogger zeigt in seinem Gastbeitrag, welche Bedeutung Gebäude für den Energieverbrauch in Deutschland haben – und wie sich die Energieeffizienz in diesem Sektor entwickelt hat.

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Gastbeitrag für co2online von Andreas Kühl, Blogger bei energynet.de

Spielen Gebäude die Rolle in der Energiewende, die ihrem Anteil am Energieverbrauch entspricht? Es wirkt fast so, als konzentriere sich die Energiewende nur auf den Stromsektor. Die Energiewende hat ihren Ursprung in der Anti-AKW Bewegung. Durch den Wunsch, eine alternative Energieversorgung mit erneuerbaren Energien aufzubauen, hat sich das heutige Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) entwickelt. Das Ziel, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, stand dabei nicht immer im Vordergrund.

Passivhaus Außenansicht(c) Architekturbüro Peterburs, Langenhagen

Energieeffizientes Gebäude: Passivhaus

Wenn über die Energiewende gesprochen wird, liegt der Fokus oft auf der Stromerzeugung. Andere Bereiche wie Wärme und Verkehr werden eher vernachlässigt. Zur Energiewende sollte aber auch der Wärmesektor gehören. Bei Gebäuden reicht es jedoch nicht, eine Lampe auszuwechseln oder eine Anlage aufs Dach zu schrauben. Eine Wärmewende ist ein komplexes Zusammenspiel von der Gebäudehülle, der Heiztechnik und den Nutzern.

Der Energieverbrauch von Gebäuden

Wohngebäude sind zu einem knappen Drittel, 28 Prozent, für den Energieverbrauch in Deutschland verantwortlich – überwiegend für die Heizung und das Warmwasser. Nur 16 Prozent des Energieverbrauchs im Haushalt wird für elektrische Geräte benötigt, die restlichen 84 Prozent brauchen wir in Form von Wärme (Quelle: dena). Damit entfallen 33 Prozent des Endenergieverbrauchs in Europa auf den Gebäudebereich (Quelle: BDH Köln). Der Gebäudebereich ist also, was den Klimaschutz betrifft, ein sehr bedeutendes Feld.

Deutlich wird dies, wenn wir uns den Energiemix im Gebäudebereich und die eingesetzte Technik ansehen. Nach der Studie zum Wärmemarkt des Bundesverbandes der deutschen Heizungsindustrie (BDH) nutzen 80 Prozent der Wohn- und Nichtwohngebäude die fossilen Energieträger Gas und Öl für Heizung und Warmwasserbereitung (50 Prozent Gas und 30 Prozent Öl). Diese Heizungen sind zu einem sehr großen Teil veraltet. Rund 70 Prozent der deutschen Heizungen entsprechen nicht mehr dem Stand der Technik. Das hat zur Folge, dass alleine eine Erneuerung aller alten Heizungsanlagen rund 13 Prozent des Endenergieverbrauchs in Deutschland einsparen könnte. Wenn dann noch weitere Gebäudeteile energetisch optimiert, die Heizung angepasst und erneuerbare Energien genutzt werden, fällt die Einsparung sogar deutlich höher aus.

Eine kurze Geschichte der Energieeffizienz von Gebäuden

Technisch ist es möglich, Häuser zu bauen, die in einer Jahresbilanz mehr Energie erzeugen als sie verbrauchen. Diese Häuser nennt man Plusenergiehäuser. Seit vielen Jahren können wir auch Häuser bauen, die alleine durch die Sonneneinstrahlung und durch die Nutzer beheizt werden. Diese Passivhäuser werden bei der Dämmung und Luftdichtung so optimiert, dass die Wärmeverluste extrem gering sind und nur noch eine kleine Restheizung notwendig wird. 

Angefangen hat diese Entwicklung zu Zeiten der Ölkrise Ende der 70er Jahre. Aus dieser Zeit stammt die erste Wärmeschutzverordnung 1977, die sich noch auf die Begrenzung des Wärmedurchgangs durch Außenbauteile beschränkt hat. Es folgten weitere Verordnungen 1984 und 1995 mit jeweils höheren Anforderungen und einer ersten Energiebilanz für das Gebäude (1995) mit Wärmeverlusten und -gewinnen. Diese Bilanz ist das Ergebnis der ersten Solarhäuser, die – anstelle einer weiteren Verringerung der Wärmeverluste – auf Wärmegewinne setzten. Beides, die Optimierung der Wärmeverluste und -gewinne, haben bereits die ersten Niedrigenergiehäuser in den 80er Jahren verbunden. Im Jahr 1986, kurz nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl, entstand in Kassel ein Niedrigenergiehaus, das mit einem jährlichen äquivalenten Ölverbrauch von rund 6 Liter pro m² Grundfläche für Heizung, Warmwasser und Kochen (60 kWh/m²a) überzeugen konnte (eingesetzt wurde Gas; Öl in Liter ist als Beispiel anschaulicher).

In vielen weiteren Niedrigenergiehaus-Projekten in den frühen 90er Jahren konnte bereits ein Energieverbrauch zwischen 50 und 90 kWh/m²a erreicht werden. Zum Vergleich: die heutigen Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) im Neubau liegen bei rund 70 kWh/m²a. Der Aufwand, den Energieverbrauch noch weiter zu verringern, war unverhältnismäßig hoch. Als Ergebnis dieser Entwicklung entstand das erste Passivhaus in Darmstadt-Kranichstein, gebaut wurde es 1990/91. Das Ziel der Planung lautete 30 kWh/m²a für Restheizung, Warmwasser und Haushaltsstrom. In einer der Wohnungen konnte sogar der Nachweis des Betriebs ohne ein Heizsystem erbracht werden. Die Einsparung der Heizung spart wiederum Investitions- und Wartungskosten. Heute gibt es zahlreiche Wohn- und Nichtwohngebäude in Passivhausbauweise. In Verbindung mit einer Photovoltaikanlage und einem Batteriespeicher kann daraus ein Plusenergiehaus werden, das mittlerweile als "KfW Effizienzhaus 40 Plus" gefördert wird (Quelle: IWU Darmstadt, "Eine Geschichte der Niedrigenergiehäuser bis zum Passivhaus").

Der Faktor Mensch und das komplexe Thema Gebäude

Bei all der technischen Optimierung der Gebäude ist es auch notwendig, die Nutzer einzubeziehen. Nur wenn die Menschen, die sich als Bewohner oder Nutzer in einem energieeffizienten Gebäude aufhalten, sich in dem Haus wohlfühlen und mit der Technik zurechtkommen, kann die Effizienz moderner Gebäude ihre volle Wirkung entfalten. Viele neue Technologien, wie die kontrollierte Wohnungslüftung oder die digitale Steuerung der Heizung sind ungewohnt und stoßen auf große Skepsis bei Nutzern. Für die Zukunft ist es daher wichtig, die Nutzer besser einzubinden und Technologien anzubieten, welche die Bedienung einfach machen und damit die Akzeptanz erhöhen. Dann wird die Entwicklung energieeffizienter Gebäude mit Sicherheit noch weiter gehen.

Auf dem Weg zum klimaneutralen Gebäudebestand bis 2050 ist noch viel zu tun. Der energieeffiziente Neubau ändert wenig am Energieverbrauch in Deutschland, die Sanierung des großen Gebäudebestandes ist die wichtigste Aufgabe der nächsten Jahre. Um den Primärenergiebedarf um 80 Prozent zu reduzieren, ist es wichtig, die Menschen, Mieter und Eigentümer, einzubinden und mitzunehmen. Denn diese sind genauso wichtig wie die Technik, um in der Praxis die gewünschten Einsparungen zu erreichen.

Autor: Andreas Braun

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