Neue Fenster: Interview zum Fensteraustausch

Fenster austauschen – das steht manchmal auch an, wenn diese noch gar nicht kaputt sind. Ein Fenster hat eine Nutzungsdauer von etwa 48 Jahren, davon geht der Verband Fenster + Fassade (VFF) mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung aus. Eine langfristige Investition also, die durchdacht sein will. Aber wann sollte in einen Fensteraustausch investiert werden? Worauf muss man beim Kauf achten? Und muss man hinterher anders lüften? Wir haben Jürgen Benitz-Wildenburg vom Forschungsinstitut ift Rosenheim befragt*.

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Jürgen Benitz-Wildenburg

Meine Fenster sind nicht kaputt – wann sollte ich sie trotzdem austauschen?

Der Begriff „kaputte Fenster” ist relativ. Eine Bewertung sollte sich daher immer auf folgende fünf Punkte beziehen:

- Sind die Fenster luft- und winddicht oder ist ein Luftzug spürbar?⇒ Dringt durch die Fenster bei stärkeren Regenschauern Wasser in den Innenraum?

- Lassen sich die Fenster leicht öffnen und schließen?

- Gibt es bei Frost Tauwasser auf der Glasscheibe oder werden diese „blind”, das heißt, die Transparenz lässt durch die Verschmutzung des Scheibeninnenraums nach?

- Ist die Oberfläche der Fensterprofile beschädigt?

Auch wenn das Glas vielleicht nicht gesprungen sein mag, ist ein Austausch bei Fenstern mit einer Einfachverglasung aus Gründen der Energieeinsparung und der Verbesserung des thermischen Komforts dringend zu empfehlen. Der wichtige Kennwert ist dabei der Wärmedurchgangskoeffizient U. Er drückt aus, wie viel Wärmeenergie in Watt pro Quadratmeter bei einem Grad Temperaturunterschied durch ein Bauteil hindurchgeht. Gerade bei großformatigen Verglasungen mit geringer Wärmedämmung empfinden die Menschen häufig die geringen Oberflächentemperaturen als unangenehm. Dies wird durch moderne Wärmeschutzverglasungen deutlich verbessert. Ein weiterer Grund besteht, wenn der geringe Schallschutz von alten Fenstern zum Problem wird, beispielsweise wenn der Außenlärm durch neue Straßen zugenommen hat. Darüber hinaus können die Verbesserung der Einbruchsicherheit, mehr Bedienkomfort oder größere Fenster mit neuem Design Anlässe für einen Fenstertausch sein.


Guter U-Wert und Dreifachverglasungen

Auf welche Kriterien muss ich beim Fensterkauf bezüglich der Glasscheiben achten?

Da Fenster und Verglasungen ein sehr langlebiges Investitionsgut sind, sollte nicht nur der gesetzlich geforderte Mindeststandard eingebaut werden, der schon in wenigen Jahren veraltet sein kann. Der Einbau von Fenstern mit Dreifachverglasungen und einem Ug-Wert von 0,7 W/m²K ist deshalb eine Investition in die Werterhaltung einer Immobilie und heute nur unwesentlich teurer. Aber auch der sogenannte g-Wert, der als Kennzahl die prozentuale Nutzung der Solarenergie bezeichnet, ist zu beachten. Er sollte bei Dreifachglas mindestens über 0,55 liegen, das heißt, dass 55 Prozent der Sonnenenergie durch die Glasscheibe in den Innenraum gelangen. Und die weiteren Eigenschaften wie Schallschutz, Sonnenschutz, Einbruchhemmung oder die Verwendung von Verbundsicherheitsglas, bei dem das Glas im Bruchfall die Nutzer nicht gefährdet, sollten auch nicht vergessen werden. Natürlich muss die Glasdicke passen und bei größeren Glasabmessungen oder hohen Windlasten halten. Das macht aber üblicherweise der Fenster- oder Glashersteller. Bei großen Fensterflächen mit Südausrichtung könnte auch ein Sonnenschutzglas mit einem g-Wert von 0,3 und kleiner sinnvoll sein, allerdings wird hierdurch auch die Nutzung der Solargewinne im Winter reduziert.

Wie sieht es mit den Fensterrahmen aus – was gibt es da zu beachten?

Altbau Fenster(c) iStock.com/sneska

Prinzipiell sind alle Rahmen geeignet, es kommt eher auf die Verarbeitung und das Zusammenspiel der Komponenten an. Alle Materialien, also Alu, Kunststoff, Holz und Holz-Alu, haben ihre Vor- und Nachteile, ihre Qualität wird aber nach der gleichen Norm geprüft. Die Produktnorm für Fenster und Außentüren (DIN EN 14315-1) bewertet nach dem so genannten Performance-Prinzip, das heißt, alle Fensterkonstruktionen werden in gleicher Weise auf ihre Eigenschaften geprüft und können deshalb gut verglichen werden. Dabei gibt es Mindestanforderungen an die so genannten mandatierten Eigenschaften, die auch im CE-Zeichen ausgewiesen werden, das der/die Hersteller*in auf den Fenstern anbringen oder mit den Begleitpapieren ausliefern muss. Hierzu zählen entsprechend dem deutschen Baurecht die Eigenschaften Schlagregendichtheit, Widerstand gegen Windlast, Tragfähigkeit der Sicherheitseinrichtungen und, wenn dies für ein Bauvorhaben gefordert ist, auch der Wärme-, Schall-, Brand- und Rauchschutz sowie die Luftdurchlässigkeit und die Strahlungseigenschaften. Ein Fenster ist aber weit mehr als die Summe seiner Teile. Erst das Zusammenspiel und die fachgerechte Fertigung von Fensterrahmen, Dichtprofil, Verglasung, Beschlägen und die Fenstermontage ergeben ein qualitativ hochwertiges Fenster. Dies kann aber ein/e Bauherr*in oder nichtfachliche Person schwer kontrollieren. Hier bieten die Hersteller der RAL-Gütegemeinschaft in aller Regel die beste und vor allem nachvollziehbarste Qualität. Außerdem werden die Fenster von RAL-Betrieben vor der Überprüfung der Leistungseigenschaften mindestens 10.000-mal automatisch geöffnet und geschlossen, um damit eine bestimmte Nutzungsdauer zu simulieren, um so eine dauerhafte Funktion und Sicherstellung der Leistungseigenschaften zu ermitteln. Die Norm schreibt dies nicht vor.

Fenster-Austauschen: U-Wert gesetzlich vorgegeben

Was macht der Gesetzgeber für Vorgaben bei Fenstern?

Einsparpotenzial von Fenstererneuerung und verschiedenen Dämmmaßnahmen auf einen Blick

Die Vorgaben finden sich im Wesentlichen in der Energieeinsparverordnung EnEV, in der gültigen Fassung von 2009. Hier muss zwischen Gebäudesanierungen und Neubauten unterschieden werden. Bei der Sanierung von bestehenden Gebäuden wird beim Fenstertausch für das Fenster ein Uw-Wert von 1,3 W/m²K gefordert, falls mindestens zehn Prozent der Fensterfläche eines Gebäudes ausgetauscht werden. Beim Neubau gibt es keinen zwingenden Wert. Die EnEV arbeitet hier mit einem Referenzgebäude, für das der gesamte Energieverbrauch berechnet wird, den das tatsächlich gebaute Gebäude nicht überschreiten darf. Dieses Verfahren lässt eine Kompensation unterschiedlicher Bauteile zu. Der Referenzwert liegt für Fenster bei einem Uw-Wert von 1,3 W/m²K. Dieser Wert ist auch noch mit Zweifachglas zu erreichen. Außerdem schreibt die EnEV praktisch luftdichte Fenster vor, um den Energieverbrauch über die so genannten Lüftungsverluste zu reduzieren. Für die geplante Novellierung der EnEV ist mit einer weiteren Verschärfung der Anforderungen zu rechnen. Für die Praxis relevant ist aber auch die Förderung durch die KfW-Bank, die Einzelmaßnahmen unterstützt – unter anderem den Fenstertausch. Hier liegt die Grenze bei einem Uw-Wert von 0,95 W/m²K, der praktisch nur noch mit Dreifachglas zu erreichen ist. Oft wird aber übersehen, dass Fenster nicht nur Wärme verlieren, sondern bei Sonnenschein auch das Haus aufheizen. Moderne Fenster gewinnen Energie, wenn man Gewinne und Verluste über die Heizperiode bilanziert. Auf der Südseite natürlich mehr als auf der Ost- und Westseite.

Wie entwickelt sich der Markt? Setzen sich die dichtesten Fenster durch?

Ja, die weitere Reduzierung der Energieverluste in Gebäuden treibt eine permanente wärmetechnische Verbesserung der Fenster voran und führt dazu, dass die Dreifachverglasung sich als Standard etabliert.

Neue Fenster: Luftwechsel muss weiter möglich sein

Je dichter das Fenster desto öfter bzw. länger muss ich lüften, richtig?

Im Prinzip ja, der Luftaustausch muss weiter gewährleistet bleiben. Dies ist wichtig, um den notwendigen hygienischen und bautechnischen Luftwechsel zu ermöglichen und Tauwasser und Schimmelpilzprobleme zu vermeiden. Gemäß der Norm zur Planung von lüftungstechnischen Maßnahmen für Wohngebäude (DIN 1946-6) muss bei Neubauten und der Gebäudesanierung eine Lüftungsplanung gemacht werden, um eine ausreichende und nutzerunabhängige Lüftung sicher zu stellen. Für die Lüftungsplanung ist der/die Bauherr*in verantwortlich, welche/r diese Aufgabe an das Architekturbüro, die Gebäudeenergieberatung oder den Fensterlieferanten delegieren kann. Die Umsetzung ist auch mit normalen, manuell zu öffnenden Fenstern durch den Einsatz von so genannten „Fensterlüftern” oder speziellen Beschlägen möglich. Für alle anderen Fälle mit erhöhtem Lüftungsbedarf, beispielsweise nach dem Duschen, beim Schlafen oder bei Partys, kann der höhere Lüftungsbedarf durch das manuelle Öffnen der Fenster erreicht werden. Sehr hilfreich und ratsam ist die Nutzung eines so genannten Hygrometers, also eines Luftfeuchtemessers in den kritischen Räumen mit erhöhter Luftfeuchte, beispielsweise in Bad, Schlafraum und Küche. Und wenn man kein automatisches Lüftungssystem installiert, muss man tatsächlich nach einem Fensteraustausch in aller Regel häufiger Lüften. Auch hier ist ein Blick aufs Hygrometer ratsam, so kann man sein Lüftungsverhalten auf die tatsächliche Luftqualität abstimmen.

* Dieses Interview führten wir im Juli 2012.


Sie möchten Ihre alten Fenster ersetzen? Dann verschaffen Sie sich einen Überblick über die Fördermöglichkeiten für eine Fenstererneuerung.

Leserfrage: Bei meinen Holzfenstern zieht kalte Luft nach innen – was kann ich tun?

Füllen Sie die Spalten zwischen Fenster und Rahmen mit einem Schaumdichtungsband oder einer Gummidichtung. Aber Vorsicht: Bei Doppelfenstern nur das innere Fenster abdichten, sonst sammelt sich Kondenswasser im Scheibenzwischenraum und Feuchtigkeitsschäden entstehen. Auch nach dem Abdichten sollten Sie weiterhin regelmäßig lüften, sonst droht Schimmel im Haus. Diese Energiesparmaßnahme ist sehr günstig: Fünf Meter Dichtungsband bekommen Sie für etwa sieben Euro in jedem Baumarkt.

Kein Fenster-Austausch? Halten Sie dicht!

Manchmal müssen es nicht gleich neue Fenster sein. Wir haben Ihnen zusammengestellt, wie Sie Heizenergie und damit Geld sparen können, ohne Ihre Fenster auszutauschen:

  • Kunststoffdichtungen in Fenstern und Türen werden im Laufe der Zeit porös und damit undicht. Bessern Sie undichte Stellen einfach mit Schaumdichtungsband oder Gummidichtungen aus dem Baumarkt aus. Dies ist kostengünstig und effektiv: In einem Einfamilienhaus mit 150 m² können Sie so Jahr für Jahr bis zu 1.250 kWh Heizenergie und 75 Euro einsparen!
  • In Altbauten gibt es teilweise besondere Fenster, die nicht ohne Weiteres durch neue Fenster ersetzt werden können - insbesondere, wenn das Gebäude unter Denkmalschutz steht. Aber alte Fenster können von Fachbetrieben aufgearbeitet werden, sodass sie deutlich besser dicht halten
  • Es ist sinnvoll, in den kalten Jahreszeiten Rollläden nach Einbruch der Dunkelheit herunterzulassen. Auch sie verhindern Wärmeverluste.
  • Lüften Sie richtig! Also Stoßlüften statt Fenster kippen, Heizung dabei runter drehen und nie Räume ganz auskühlen lassen. Mehr dazu finden Sie im Artikel übers Lüften.
  • Überprüfen Sie mit dem Ratgeber HeizCheck kostenlos Ihren Heizenergieverbrauch.

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Autor: Stefan Heimann

ehem. Ansprechpartner für Dämmung und Mobilität

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