Energiewende in Deutschland: Definition & Ziele

Deutschland ersetzt schrittweise Atomenergie und fossile Energieträger durch erneuerbare Energien. Die Energieversorgung der Zukunft soll sicher, sauber und bezahlbar sein. Die Ziele stehen fest. Doch wie sieht der Weg dahin aus – und wie ist der aktuelle Stand?

Die wichtigsten Fakten auf einen Blick:

  • Energieversorgung in Deutschland bis 2045 vollständig aus erneuerbaren Energien
  • Säulen der Energiewende: Ausbau erneuerbarer Energien und mehr Energieeffizienz
  • größte Herausforderungen: Stromnetzausbau, Energiespeicher und intelligente Netze

Was ist die Energiewende? (Definition)

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Der Begriff Energiewende beschreibt die Umstellung der Energieversorgung von fossilen Energieträgern und Kernkraft auf erneuerbare Energien. Das Ziel der Energiewende in Deutschland ist es, bis zum Jahr 2045 Energie hauptsächlich aus regenerativen Quellen – wie Wind- und Wasserkraft, Sonnenenergie, Geothermie oder nachwachsenden Rohstoffen – zu beziehen. Zweites Standbein der Energiewende ist das Senken des Energieverbrauchs durch eine sparsame und effiziente Nutzung der Energie.

Hintergrund: Wann begann die Energiewende in Deutschland?

Meist wird der Beginn der Energiewende Deutschlands als Reaktion auf die Reaktorkatastrophe in Fukushima 2011 betrachtet. Allerdings gab es auch vorher schon entsprechende Entwicklungen: So stammt das deutsche Stromeinspeisungsgesetz zur Förderung von erneuerbaren Energien – der Vorgänger des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) – bereits aus dem Jahr 1990 und trat am 1. Januar 1991 in Kraft.

Im Herbst 2010 einigte sich die Bundesregierung darauf, die Treibhausgasemissionen bis 2050 drastisch zu reduzieren – also sich nach und nach von Kohle, Öl und Gas zu verabschieden. Zu dem Zeitpunkt lieferten erneuerbare Energien rund 17 Prozent des Bruttostromverbrauchs.

 

Ursprung des Begriffs „Energiewende“

Der Begriff „Energiewende“ wurde vom Öko-Institut geprägt – und zwar schon im Jahr 1980. Damals erschien das Buch „Energiewende – Wachstum und Wohlstand ohne Erdöl und Uran“, in dem Wissenschaftler*innen aufzeigen, dass eine Energieversorgung ohne Atomenergie und fossile Energieträger bis 2050 möglich ist.

Nach der Katastrophe im japanischen Atomkraftwerk Fukushima 2011 war dann klar: Die Mehrheit der Bürger*innen lehnt die Risikotechnologie Atomkraft ab. Der vollständige Ausstieg aus der Nutzung von Atomkraft bis 2022 wurde festgelegt – und die Energiewende bekam deutlichen Rückenwind.

Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts sorgte 2021 für eine Verschärfung der Klimaziele der Bundesregierung. Klimaneutralität soll nun schon 2045 statt erst 2050 erreicht werden. Das dürfte der Energiewende weiteren Schub verleihen – auch wenn noch nicht geklärt ist, wie das Ziel erreicht werden soll.

Warum ist die Energiewende so wichtig?

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Viele Teile der Welt sind bereits von Hitzewellen und Dürren bedroht.

Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhun­derts – in Deutschland, Europa und weltweit. Am 12. Dezember 2015 wurde deshalb auf der UN-Klimakonferenz das Übereinkommen von Paris verab­schiedet. 197 Vertragsparteien der Klimarahmenkonventionen der Vereinten Nationen haben unterzeichnet, der glo­balen Erwärmung gegenzusteuern. Ein Werkzeug dafür ist die Energiewende.

Im Übereinkommen wurde festgehalten, die Erderwärmung deutlich unter 2 Grad Celsius – besser jedoch auf unter 1,5 Grad Celsius – zu senken. Die Folgen der Erwärmung spüren viele Länder schon jetzt. Der Sonderbericht des Weltklimarats (IPCC) von 2018 warnte in dem Zusammenhang vor einer Zunahme von Wetterextremen wie

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Die Gefahr von Starkregen und Hochwasser nimmt auch in Deutschland zu.

  • Hitzeperioden,
  • Starkniederschlägen,
  • Dürren und dem
  • Anstieg des Meeresspiegels.

Inzwischen zeigen sich die Folgen der Erderwärmung bereits in vielen Ländern, auch in Deutschland. Die große Bedeutung der Energiewende zeichnet sich also schon jetzt deutlich ab.

Klimaschutz per Gesetz

Im Sinne des Klimaschutzes stellen deshalb weltweit mehr und mehr Länder ihre Energiesysteme auf alternative Energieträger um. Die Europäische Union (EU) hat dabei ein gemeinsames Ziel für die europäische Energiewende verfasst: Sonne, Wind, Wasser, und Biomasse sollen bis 2030 40 Prozent des Strombedarfs in der EU decken.

Die Bundesregierung verabschiedete dafür den Klimaschutzplan 2050 für Deutschland mit dem langfristigen Ziel, bis 2050 weitgehend treibhausgasneutral zu werden. Dieses Ziel wurde 2019 im Bundes-Klimaschutzgesetz rechtlich verankert und im Klimaschutzprogramm 2030 mit Maßnahmen unterlegt. Zugleich wurde der Kohleausstieg bis spätestens 2038 beschlossen.

Im Jahr 2021 hat die Bundesregierung das langfristige Ziel vorgezogen: von 2050 auf 2045. Das bedeutet auch eine schnellere Energiewende.

Die Energiewende in Deutschland – Ziele

Die Energiewende besteht vor allem aus zwei Säulen:

Was bedeutet Energieeffizienz?

Vereinfacht gesagt: das Verhältnis von Aufwand und Nutzen. Je höher die Effizienz, desto weniger Energie wird benötigt.

Ob in Privathaushalten, Betrieben, im Verkehr, bei Gebäuden oder in der Großindustrie – um die Energieeffizienz zu steigern, kann und muss Energie eingespart werden. Um das zu unterstützen, gibt es unter anderem Effizienzstandards für Gebäude, eine transparente Energieeffizienzkennzeichnung für Elektrogeräte oder vorgeschriebene Verbrauchswerte für Kraftfahrzeuge.

Ziele der Energiewende in Deutschland: Übersicht

Ziele20302050 bzw. 2045
Reduktion der Treibhausgase (ggü. 1990)mindestens – 55 %Treibhausgasneutralität
Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch30 %60 %
Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch65 %
Primärenergieverbrauch (ggü. 2008)– 30 %– 50 %
Bruttostromverbrauch (ggü. 2008)– 25 %
nicht erneuerbarer Primärenergieverbrauch Gebäude (ggü. 2008)– 55 %
Endenergieverbrauch Verkehr (ggü. 2008)– 40 %
Steigerung der Energieproduktivität+ 2,1 % jährlich

Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz

 

Wie gelingt die Energiewende?

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Um den Anteil der Erneuerbaren zu erhöhen, müssen Stromnetze stark ausgebaut werden.

Vor allem die Energiewirtschaft ist ein wichtiges Element bei der Energie­wende. Immerhin ist die Energiever­sorgung in Deutschland für den größten Teil der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Zugleich wird der Bedarf an Strom in Zukunft steigen.

Denn andere Bereiche wie etwa der Verkehrs- oder Gebäudesektor setzen immer mehr auf elektrische Energie, etwa in Form von Elektroautos oder Wärmepumpen. Die verschiedenen Bereiche werden also stärker miteinander vernetzt – die Rede ist von der sogenannten Sektorkopplung.

Damit sich Deutschland zunehmend mit erneuerbaren Energien versorgen kann, muss das gesamte Energiesystem umgestaltet werden. Neue Anlagen müssen gebaut, sinnvoll miteinander verbunden und auf den jeweiligen Energiebedarf angepasst werden. Die größten Herausforderungen der Energiewende sind daher:

  • Stromnetzausbau: In Zukunft muss Strom in Deutschland verlustarm über weite Strecken transportiert werden, wie zum Beispiel von den Windparks im Norden in die Verbrauchszentren im Süden und Westen.
  • Energiespeicher: Um die Schwankungen von Wind und Sonne ausgleichen zu können, muss das Stromversorgungssystem auch flexibel reagieren können: Wird zu einem bestimmten Zeitpunkt mehr Energie erzeugt als verbraucht, muss sie gespeichert werden.
  • Intelligente Netze: Mit der Energiewende geht auch ein Wechsel von zentralen hin zu dezentralen Stromerzeugungsnetzen mit kleineren Photovoltaik- oder Biogasanlagen einher. Die Folge ist eine komplexere Versorgungsstruktur. Ausgleichen sollen das vermehrt intelligente Netze, so genannte Smart Grids, die Stromerzeuger*innen, Speicher, Verbraucher*innen und das Stromnetz steuern und miteinander verbinden.

Gebäude nachhaltiger machen

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Der Sanierungsstand von Gebäuden ist entscheidend für die deutsche Klimabilanz.

Auch der Gebäudesektor muss effizienter werden, denn etwa ein Drittel der deutschen CO2-Emissionen entsteht in Gebäuden. Hier gibt es also viel Potenzial zum Sparen. Rund 15 Millionen Tonnen CO2 könnten allein beim Stromverbrauch pro Jahr vermieden werden. Das entspricht etwa den durchschnittlichen jährlichen Emissionen eines Braunkohlekraftwerks.

Alles zum Thema Stromsparen und Stromspartipps.

Aber auch beim Heizen ist viel drin: Denn Heizung und Warmwasser machen rund 80 Prozent des privaten Energieverbrauchs aus. Nicht nur im Sinne der Energiewende lohnt es sich also, den eigenen Heizenergieverbrauch zu senken.

Dafür gibt es unter anderem finanzielle Anreize in Form von Förderungen für energetische Sanierungsmaßnahmen, energieeffizientes Bauen sowie den Ausbau der erneuerbaren Energien. Seit 2021 sind diese in der neuen Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG), zusammengeführt.

Mit dem Fördermittel-Ratgeber finden Sie heraus, welches Förderprogramm und welche Zuschüsse oder Kredite für Ihre Sanierungs- bzw. Neubaupläne infrage kommen.

Was kostet die Energiewende?

Die Frage nach den Kosten der Energiewende ist nicht einfach zu beantworten. Denn hier spielen viele Faktoren eine Rolle.

Geht es nur um die reinen Mehrkosten für neue Anlagen, Technik und Infrastruktur, so betragen diese laut dem Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München e. V. (ifo) zwischen 500 und mehr als 3.000 Milliarden Euro. Heruntergerechnet sind das zwischen 60 und 400 Euro pro vermiedener Tonne CO2. – oder pro Jahr im Durchschnitt 0,4 bis 2,5 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2018. Dabei sind die Kosten umso höher, je ehrgeiziger das Klimaschutzziel ist.

Eine Studie von Agora Energiewende hat zudem die Kosten verglichen, die verschiedene Energiesysteme verursachen. Das Ergebnis: Ausgehend von Brennstoffkosten und CO2-Preisen ist eine zukünftige Stromversorgung mit erneuerbaren Energien nicht teurer, sondern sogar günstiger als mit fossilen Energieträgern. Zugleich sichert sie gegen Preisschwankungen von fossilen Brennstoffen ab.

Weniger Arbeitsplätze durch Energiewende?

Die reinen Systemkosten der Energiewende beziehen nicht die volkswirtschaftlichen Auswirkungen mit ein. Hier geht es meist um wegfallende Arbeitsplätze in der Atom- und Kohleindustrie. Demgegenüber stehen jedoch zahlreiche neue Arbeitsplätze und Branchen, die sich in Zukunft weiterentwickeln. Laut einer Studie des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) profitieren vom Ausbau erneuerbarer Energie ganz besonders die Regionen, in denen die Anlagen errichtet werden – vor allem durch mehr Arbeit und zusätzliche Steuereinnahmen.

Arbeitsplätze in der Erneuerbare-Energien-Branche

2017 waren laut Bundesumweltamt bereits knapp 900.000 Menschen in den Bereichen Erneuerbare Energien und Energetische Gebäudesanierung beschäftigt – mit steigendem Trend. Zum Vergleich: In der Braunkohleindustrie gab es in den letzten Jahren jährlich etwa 20.000 Beschäftigte.

Gesamtgesellschaftliche Kosten der Energiewende

Bei der Energiewende geht es allerdings auch um die Kosten, die für die gesamte Gesellschaft entstehen – nämlich Kosten, die wir zu tragen haben, wenn der Klimawandel weiter fortschreitet und wir uns noch stärker an die Folgen anpassen müssen.

Beispiele dafür sind etwa:

  • Maßnahmen zum Schutz vor Hochwasser und Überflutung
  • veränderte Anbau- und Bewässerungsmethoden in der Landwirtschaft
  • Schutz der Wälder vor Hitze und Schädlingen

Aber auch Anpassungen des Gesundheitssystems werden nötig sein. Denn der Klimawandel beeinträchtigt die menschliche Gesundheit in Form von Hitzebelastung, Luftverschmutzung sowie der Ausbreitung von Infektionskrankheiten, Allergenen und Krankheitsüberträgern wie Mücken, Zecken und Co.

Laut Schätzung des ifo betragen diese Kosten zwischen 40 und 350 Euro pro Tonne CO2. Das heißt: Je früher die Energiewende gelingt, desto weniger müssen wir für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels zahlen.

Kritik an der Energiewende

Immer wieder wird Kritik an der Energiewende – beziehungsweise an der politischen Umsetzung – laut. Das betrifft vor allem die Kosten der Energiewende, die nicht sozial gerecht verteilt seien. Besonders die Kosten des Kohleausstiegs, die mit Entschädigungszahlungen in Milliardenhöhe einhergehen, geben Anlass zur Sorge.

Zudem gibt es Unsicherheiten, die vor allem eine sichere Stromversorgung, steigende Strompreise und Heizkosten sowie die Auswirkungen auf die Wirtschaft betreffen.

Soziale Ungerechtigkeit und schleppender Ausbau

Auch von Expertenseite gibt es kritische Töne: Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) gefährdet das Kohleausstiegsgesetz die Ziele der Energiewende. Denn um die Pariser Klimaziele einzuhalten, müsse der Kohleausstieg bereits bis 2030 stattfinden und der Ausbau der Erneuerbaren schneller voranschreiten. So sollten sie bis 2030 bereits 75 Prozent (statt 65) des Stroms liefern.

(c) kruwt - iStock

Der Ausbau alternativer Energieträger aus Sonne oder Wind kommt derzeit kaum voran. Besonders schlecht steht es um die Windkraft an Land: Aufgrund langer Genehmigungsverfahren, neuer Abstandsregeln und vieler Klagen ist der Ausbau fast zum Erliegen gekommen.

Ebenso kommt der Bau von Stromleitungen von dem vor allem im Norden produzierten Windstrom in den Süden nur schleppend voran. Für die Photovoltaik galt zudem lange eine Deckelung der installierten Leistung und es gibt deutlich weniger Fördermittel. Wie die Bundesregierung die eigenen Ausbauziele für erneuerbare Energien – und damit die Energiewende – erreichen will, ist für viele Expert*innen aktuell unklar.

Gesellschaftliche Akzeptanz für Energiewende

Fest steht aber: Der Großteil der Bürger*innen befürwortet die Energiewende. Mehr als 80 Prozent der Bevölkerung sieht sie laut Sozialem Nachhaltigkeitsbarometer des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) weiterhin als notwendige gesellschaftliche Gemeinschaftsaufgabe. Der Zuspruch für erneuerbare Energien ist ebenso groß.

Wie sieht die Zukunft der Energiewende aus?

Ausruhen kann sich Deutschland auf den bisherigen Erfolgen der regenerativen Energien nicht. Denn für die kommenden Jahre stehen noch einige Hürden an: 2021 gehen drei weitere Atomkraftwerke vom Netz, 2022 folgen die letzten drei. Und auch die Kohlekraft sieht spätestens zum Jahr 2038 ihrem Ende entgegen. Diese Lücken müssen geschlossen werden.

Verschiedene Studien kommen jedoch zu dem Ergebnis, dass es möglich ist, bis 2050 – oder sogar schon bis 2030 – klimaneutral zu werden. Wenn die Möglichkeiten genutzt und Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit gleichermaßen berücksichtigt werden. Konkret bedeutet das unter anderem:

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Autorin: Mirka Jedamzik

Weitere Autor*innen: Karin Adolph, Julia Keesen

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