Professor Thomas Bruckner im Kurzinterview

Professor Thomas Bruckner vom Institut für Infrastruktur und Ressourcenmanagement der Universität Leipzig meint, dass vor dem Hintergrund der notwendigen Transformation des globalen Energiesystems binnen weniger Jahrzehnte jeder noch so kleine Schritt in die richtige Richtung ein großer Erfolg...

Prof. Dr. Thomas Bruckner ist seit September 2008 Inhaber der Vattenfall Europe Professur für Energiemanagement und Nachhaltigkeit an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig. Er leitete acht Jahre lang die Forschungsgruppe „Energiesystemoptimierung und Klimaschutz“ am Institut für Energietechnik der TU Berlin. Thomas Bruckner ist seit 2008 Mitglied des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), Gastwissenschaftler am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und seit 2009 darüber hinaus Direktor des Instituts für Infrastruktur und Ressourcenmanagement der Universität Leipzig.

1. Welcher Aspekt des Klimawandels wird bei der öffentlichen Diskussion in Deutschland bisher vernachlässigt?

Die große Vielfalt der technologisch realisierbaren und gleichzeitig volkswirtschaftlich verkraftbaren Klimaschutzstrategien. In der Öffentlichkeit wird oft der Eindruck erweckt, dass sich ehrgeizige Klimaschutzziele nur durch ein Bündel von Maßnahmen erreichen lassen, in dem alle denkbaren Emissionsminderungsmöglichkeiten zwangsläufig eine Rolle spielen müssten. Dies ist nicht der Fall. Berücksichtigt man das Kostenreduktionspotential, das durch den Einsatz innovativer Technologien realisiert werden kann, so lässt sich zeigen, dass das 2°C-Ziel der Europäischen Union mit höchst unterschiedlichen Technologiebündeln erreicht werden kann, die sich im Hinblick auf die damit verbundenen Vermeidungskosten nur geringfügig unterscheiden. Dies ermöglicht es, ehrgeizigen Klimaschutz zu betreiben ohne gleichzeitig Aspekte der Energiesicherheit und der Sozialverträglichkeit aus dem Auge zu verlieren.

2. Was wäre aus Ihrer Sicht die wirkungsvollste Klimaschutzmaßnahme auf internationaler Ebene?

Damit Klimaschutz langfristig gesehen kostenoptimal, d.h. dynamisch effizient gestaltet werden kann, müssen aus ökonomischer Sicht betrachtet zwei Strategien gleichzeitig zum Zuge kommen. 1.) Eine Internalisierung der externen Kosten der Energieversorgung. Bezogen auf den Klimaschutz bedeutet dies, dass die Emission von CO2 für den Verursacher mit Kosten verbunden sein muss. Ein Handel mit Emissionsrechten, an dem sich viele (nicht notwendigerweise sofort alle) Staaten dieser Welt beteiligen, wäre ein wichtiger Schritt in diese Richtung. 2.) Eine verstärkte technologiespezifische Förderung innovativer Technologien zur CO2-freien Energieversorgung, zum Beispiel durch einen „Export“ des Erneuerbaren Energien Gesetzes in andere Regionen dieser Welt. Gemeinsam könnte so das Produktionsvolumen in diesem Bereich erheblich erhöht und damit (durch das Sammeln zusätzlicher Erfahrung sowie durch firmeninterne Forschung) die zu erwartende Kostenreduktion schneller realisiert werden. Auch das Fördervolumen könnte hierdurch auf mehrere Schultern verteilt und die Knappheit guter Standorte überwunden werden.

3. Ich glaube an wirkungsvolle Ergebnisse des Gipfels, weil...

...aus einer dreiseitigen „Warnung vor drohenden weltweiten Klimaänderungen durch den Menschen“, die besorgte Physiker der Deutschen Physikalischen Gesellschaft 1987 veröffentlicht haben, in der Zwischenzeit eine Frage geworden ist, die die Weltgemeinschaft bewegt. Das Einhalten des 2°C-Zieles der EU bedeutet nicht weniger als eine komplette, innerhalb weniger Jahrzehnte zu realisierende Transformation des globalen Energiesystems. Vor den Hintergrund dieser Herausforderung ist für mich jeder noch so kleine Schritt in die richtige Richtung ein großer Erfolg.

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