8. Fachtagung: „Klimaschutz durch Abwärmenutzung“

Zum achten Mal fand am 5. Oktober die vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte Fachtagung zum Thema Abwärmenutzung statt. Den Schwerpunkt bildete „Abwärme in der Hamburger Wärmeversorgung“. Rund 300 Teilnehmende waren vor Ort und online mit dabei. Durch das Programm führte Prof. Dr. Matthias Reckzügel von der Hochschule Osnabrück.

Moderator Prof. Dr. Matthias Reckzügel und Miha Jensterle von der Agentur Adelphi

„Energie wird ein knappes und teures Gut bleiben.“ Christian Maaß, Leiter der Abteilung Energiepolitik - Wärme und Effizienz im Bundeswirtschafts­ministerium, wies gleich zu Beginn auf die Entwicklungen am Energiemarkt hin. Die Energiekrise bildet demnach einen Rahmen, in dem die Frage nach der zukünftigen Energie­versorgung umso drängender wird.

Es sei deshalb wichtig, die Wärme zu nutzen, die bereits vorhanden ist: Und das ist vor allem Abwärme. Um diese besser nutzbar zu machen, müssten besonders in den Städten die Wärmenetze ausgebaut werden. Daneben gelte es, Fragen rund um Speichermöglichkeiten oder auch das Risiko für die Beteiligten einer solchen Wärmeversorgung zu beantworten.

Wie es in der Praxis funktionieren kann, zeigt die Wärmeversorgung der Stadt Hamburg. Der Fokus des ersten Teils der Veranstaltung lag daher auf der „Kommunalen Wärmewende in der Hansestadt Hamburg“.

Hamburg als Vorbild bei der Wärmewende

(c) Tim Hüfner | Unsplash

Jens Kerstan von der Hamburger Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft erläuterte, wie die Stadt bereits 2019 den Grundstein gelegt hat, um bis zum Jahr 2045 eine klimaneutrale Fernwärmeversorgung in Hamburg zu etablieren. So wurde unter anderem ein Klimaschutzgesetz verabschiedet mit dem Ziel, bis 2030 aus der Kohle auszusteigen.

Gleichzeitig wurde per Volksentscheid die Energieversorgung rekommunalisiert. Diese Eckpfeiler trugen maßgeblich dazu bei, dass in Hamburg Unternehmen und Stadt gemeinsam die Transformation hin zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung voranbringen. Hierbei spielen die Konzepte der Fernwärme eine zentrale Rolle.

Abwärme aus Industrie und Abwasser für Hamburgs Fernwärmenetz

Burkhard Warmuth und Dr. Ulrich Liebenthal von den Hamburger Energiewerken veranschaulichten die Potenziale und Herausforderungen einer treibhausgasneutralen Wärmeversorgung in der Hansestadt und stellten den Dekarbonisierungspfad vor. Indem zukünftig immer mehr industrielle Abwärme integriert werden soll, kann das Stadtnetz langfristig klimaneutral werden.

Christian Hein von der Aurubis AG ergänzte dies durch Einblicke in Deutschlands größtes Industriewärmeprojekt. Der Metallproduzent liefert Abwärme für die östliche HafenCity und trägt in enger Partnerschaft mit der Stadt wesentlich zur Wärmewende in Hamburg bei.

Wie auch Abwasser als Wärmequelle genutzt werden kann, erläuterte Dr. Gunnar Hansen von Hamburg Wasser. Das Ziel des 2023 startenden Projekts rund um die „Wärmepumpe Dradenau“ ist es, Nutzwärme aus dem Kläranla­genablauf zu gewinnen und in das Fernwärmenetz Hamburgs einzuspei­sen. Die Nutzung von Abwasserwärme habe ein großes Potenzial, stehe aber auch noch vor einigen technischen Herausforderungen.

Die Rolle der Abwärme für die Wärmeversorgung der Zukunft

Dr. Matthias Sandrock vom Hamburg Institut warf anschließend einen übergeordneten Blick auf die Rolle der Abwärme im Wärmemarkt der Zukunft. Dabei stellte er heraus, dass sich die Rahmenbedingungen vor allem durch Klimaschutzziele und -vorgaben verändern. In Zukunft werden zunehmend Niedertemperaturquellen (etwa Kühlkreisläufe oder Abluft) verfügbar sein. Zudem gebe es einen großen Wachstumsmarkt für Großwärmepumpen. Hier müssen die Potenziale noch genauer erschlossen werden. Dafür brauche es vor allem kommunale Wärmeplanungen sowie Abwärmekataster, außerdem seien attraktive Förderungen für die Abwärmenutzung entscheidend.

Kerstin Deller vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz stellte daraufhin die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) vor, die seit dem 15. September in Kraft ist. Diese fördert nicht nur Investitionskosten, sondern unter anderem auch Transformationspläne und Machbarkeitsstudien und soll somit die Entwicklung der Wärmenetze hin zur Klimaneutralität langfristig unterstützen.

Sensibilisierung und Vernetzung gefragt

Dr. Erik Heyden vom Kompetenzzentrums Abwärme in Baden-Württemberg warf einen Blick auf die Situation der Abwärmenutzung in Baden-Württemberg. Dort müssen Kommunen per Klimaschutzgesetz bis 2023 einen Wärmeplan erstellen und Maßnahmen umsetzen. Mit dem darin integrierten Abwärmekonzept sollen vor allem Unternehmen sensibilisiert und ein jährliches Abwärmepotenzial von 0,25 TWh gehoben werden.

Dass das Vernetzen von Unternehmen entscheidend ist, um die Potenziale der Abwärmenutzung auszuschöpfen, betonte auch Miha Jensterle von der Agentur Adelphi. Dazu beleuchtete er Umsetzungsbeispiele innerhalb von Energieeffizienz- und Klimaschutznetzwerken.

Peter Beck von der Firma ECOS berichtete von einem praktischen Beispiel zu Hochtemperatur-Wärmepumpen aus Japan. Dort ist die Elektrifizierung der Industrie der Schlüssel für eine dekarbonisierte Gesellschaft. Die vorgestellte Firma NEDO beteiligt sich an einer internationalen Plattform für Wärmepumpen.

Verbesserte Rahmenbedingungen für die Abwärmenutzung nötig

Dr. Susanne Stark vom Energieeffizienzverband AGFV widmete sich der Frage, wie die Rahmenbedingungen der Abwärmenutzung verbessert werden können. Wichtig seien hier etwa die Verfügbarkeit von Daten (etwa in Form eines Wärmekatasters), ein Abwärmenutzungsgebot und eine Abwärmegebühr sowie weitere Anreize bei Bereitstellung und Förderung sowie eine entsprechende Risikoabsicherung.

Vanessa Gläser von der Kanzlei von Bredow Valentin Herz ergänzte die Vorschläge, indem sie erläuterte, welche rechtlichen Unsicherheiten in Bezug auf Energie- und Stromsteuer bei der Einbindung von Abwärme in die kommunale Wärmeversorgung bestehen. Das Thema Rechtssicherheit sei für die Akteure entscheidend.

Forschung und Entwicklung entscheidend

Entscheidend für eine effiziente Abwärmenutzung werden in Zukunft auch die technischen Möglichkeiten sein. Hierzu bedarf es kontinuierlicher Forschung. So gab es unter anderem auch tiefere Einblicke in die technischen Gegebenheiten der Abwärmenutzung.

Dr.-Ing. Jan Albers von der Technischen Universität Berlin berichtete über den Stand der Forschung zur energieeffizienten Regelung von Absorptionskälteanlagen und -wärmepumpen in Abwärmenetzen. Und Dr. Franka Kretschmer von der Fahrenheit GmbH erläuterte die Relevanz von Adsorptionskälteanlagen als effiziente und integrierte Abwärmenutzung.

Dass die Potenziale für Abwärmenutzung vorhanden sind, unterstrich auch Sebastian Blömer vom ifeu. Anhand einer Standortanalyse für das Land Baden-Württemberg zeigte er auf, wie Abwasserwärme von Kläranlagen einen Beitrag zur Wärmewende leisten kann. Auch hier sei die Weiterentwicklung der (Fern-)Wärmenetze ausschlaggebend, um diese für Kommunen vergleichsweise einfach zu erschließende Wärmequelle nutzbar zu machen.

Fazit und Ausblick

Einen abschließenden Realitäts-Check gab Martin Bornholdt von der DENEFF. Er betonte, dass das Potenzial der Abwärmenutzung zwar gewaltig sei und in der Theorie eine wichtige Rolle bei der Wärmewende spiele – so könnte Abwärme fast die Hälfte aller Haushalte erwärmen. In der Praxis sei dies aber leider noch nicht der Fall.

Abwärme müsse vor allem noch stärker in die Wärmenetze eingebunden werden, um schließlich auch die Klimaschutzziele zu erreichen. Zwar sind die technischen Optionen bereits vielfältig vorhanden, allerdings gebe es immer noch diverse Hemmnisse, die abgebaut werden müssen. Hier sei insbesondere auch die Politik in der Pflicht.

Die Fachtagung wurde vom Institut für ZukunftsEnergie- und Stoffstrom­systeme (IZES gGmbH) organisiert und fand im Rahmen der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten „Online-Klimaschutzberatung“ der gemein­nützigen co2online GmbH statt.

Die Präsentationen der Referent*innen können auf der Web­site des IZES herunter­geladen werden.

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