Energiewende: Netzstabilität mit dezentralen Anlagen

Welche Probleme bringt der Stromnetzausbau mit sich? Es erklärt Dipl.-Ing. Ludger Meier, Vorstandsvorsitzender des Forums Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (FNN).

Strommasten- und Leitungen(c) iStock.com/iliffd

Traditionelle Großkraftwerke erzeugen nicht einfach nur Strom, sie stellen auch eine Reihe von so genannten Systemdienstleistungen zur Verfügung. Das sind Maßnahmen, die eine hohe Stabilität und Störungsresistenz des Stromnetzes sicherstellen. Da dezentrale Erzeugungsanlagen die Großkraftwerke verdrängen, gehen die Pflichten zur Systemdienstleistung auf die dezentralen Energieerzeuger über.

Am Beispiel der so genannten Kurzschlussleistung lässt sich ein Teilaspekt der veränderten Anforderungen illustrieren: Tritt ein Kurzschluss in einem von Großerzeugern dominierten Stromnetz auf, so lässt sich dieser in Sekundenbruchteilen durch die deutlich erhöhte Stromstärke identifizieren und abschalten. Der fehlerbehaftete Netzbereich wird vom Netz getrennt und die benachbarten Netze funktionieren problemlos weiter – das Netz bleibt stabil. Der Grund für die gezielte Fehlerbehebung ist, dass die Großerzeuger bei Fehlern kurzzeitig einen erhöhten Strom in das Netz einspeisen können, der von den Messsystemen eindeutig erkannt werden kann.

Wie erreicht man Netzstabilität bei erneuerbaren Energien?

Erneuerbare Energieanlagen wie beispielsweise Solarzellen erzeugen den Strom dagegen nach einem ganz anderen Prinzip: Die erzeugte Gleichspannung wird vor dem Einspeisen in öffentliche Netze durch Wechselrichter in Wechselspannung umgewandelt. Tritt in einem von solchen Anlagen dominierten Netz ein Kurzschluss auf, so besteht die Gefahr, dass die derzeit verbauten Sicherungssysteme den Fehler nicht zuverlässig erkennen, da unter Umständen kein so eindeutiger Unterschied zwischen der Stromstärke im Normalbetrieb gegenüber dem Kurzschluss vorliegt. Die Fehlerstelle kann nicht identifiziert und freigeschaltet werden. Die Systemdienstleistung „Bereitstellung von Kurzschlussleistung“ ist somit für die Sicherheit der heutigen Netze wesentlich und stellt exemplarisch nur eine von vielen technischen Herausforderungen dar.

Gelungene Koordination für Netzstabilität bei Energiewende nötig

Wasserdmm in Frankreich.(c) www.iStock.com / Serbek

Das deutsche Höchstspannungsnetz 2010.

Die Erzeugungsanlagen und Netze müssen aufeinander abgestimmt werden, um den neuen technischen Herausforderungen des Gesamtsystems gerecht zu werden. Nur so lässt sich das Ziel der Bundesregierung, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung bis 2020 zu verdoppeln, erreichen.

Die Herausforderungen, einen stabilen Netzbetrieb zu gewährleisten, sind dabei gewaltig – kein anderer Staat steht vor derart immensen Umwälzungen seines Stromversorgungssystems. Deutschland betritt bei dieser Entwicklung an vielen Stellen Neuland und kann sich Fehlinvestitionen oder Experimente mit der Versorgungssicherheit nicht leisten. Daher ist ein abgestimmtes Vorgehen der beteiligten Branchen unerlässlich. Im FNN sind die entsprechenden Branchen vertreten; das Forum unterstützt den Veränderungsprozess unter anderem durch technische VDE-Anwendungsregeln.

Autorin: Karin Adolph

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